Hier, verkürzt, die "Fingerfood-Lizenz-Geschichte" vom 3.8.10:
Natascha vom Mausckub hatte auf dem Weg zum Stammtisch gaaaanz tolle, preiswerte Schälchen erstanden, zeigte sie mir und ich fragte sie nach dem Zweck dieser Neuinvestition. Da sie das noch nicht genau wusste, die Schälchen aber sooo schön und dazu noch stark preisreduziert waren, konnte sie nicht anders und musste sie kaufen.
Nach kurzem Überlegen wurden sie sofort umfunktioniert in "Erdnussbehälter" und "Auffangschalen". Dazu der "Hebelöffel", um die Erdnüsse aus der Schale bakterienübertragungsfrei entnehmen zu können.
Anschließend die "Entsorgungsmenge" in den "Entsorgungsbehälter" geben, um den Fußboden sauber zu behalten. Und es entwickelte sich eine aufregende Geschichte, die außer Natascha und Wirt Peter keine der Mädels für unmöglich hielt.
Denn: "Das ist die neue Verordnung der EU-Kommissare, die bei einem nächtlichen Besuch im JULIO erschrocken waren, als sie den erdnussschalenüberfluteten Boden sahen und Wirt Peter androhten, die Erdnussverteilerlizenz zu entziehen."
Ungläubig, aber gehorsam folgte frau allen Anweisungen und Erläuterungen, die Peter den verunsicherten Mausclub-Mädels im Laufe des Abends erzählte. Keinesfalls wolle frau doch, dass ihr Lieblingsstammwirt Schwierigkeiten bekomme, nur weil frau sich benimmt, wie es seit 1974 hier Tradition geworden ist: Nämlich Erdnüsse essen und die Schalen auf den Boden werfen. Und wer es nicht glaube, der kann ja mal beim Carschhaus-Gourmet-Japaner an der Sushi-Theke nach der Fingerfood-Lizenz fragen. Die hänge nämlich im Rückbereich der Theke, eingerahmt und schön bunt. Allerdings in japanischen Schriftzeichen, aber der Inhalt ist eben diese "FINGERFOOD-LIZENZ zur Ausgabe von Sushi-Stücken ohne Stäbchen". EU-Norm eben, weil man nicht in Japan, sondern in Europa ist, unterliegen auch Sushi-Ausgabestellen dieser Vorschrift.
Und in manch einer Cocktailbar stehen auch diese Schälchen mit gesalzenen Erdnüssen auf den Tischen und jeder fummelt mit seinen Fingern darin herum und überträgt somit vielleicht auch noch die Vogelgrippe auf den Trinknachbar.
Dem wolle man Einhalt bieten und erließ diese EU-Verordnung.
Nach einem Crashkurs bei der IHK könne man diese Lizenz erwerben. Aber solange sie nicht vorliegt, muss auf unbedingte Einhaltung der Hygieneverordnung geachtet werden.
Das waren unumstößliche Argumente, die auch im Laufe des Abends jedem weiteren Gast zur Kenntnis gebracht wurden.
Einen sehr geschätzten (guinnesstrinkenden) Ungläubigen erboste diese Verordnung so sehr, dass er noch in derselben Nacht an das Ordnungsamt eine Email schrieb.
Mit seiner ausdrücklichen Erlaubnis hier der Text der Originalschreiben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei einem Besuch der seit ihrem Bestehen hoch geschätzten Kneipe Julio (1) fielen mir heute als erstes erdnusschalenfreier Boden, Tische und Tresen. dann verschiedene Einrichtungen zum Anbieten der von Natur aus hygienisch perfekt verpackten Leckereien sowie zum Sammeln der bei Verzehr zwangsläufig anfallenden, gleichfalls unbedenklichen Schalen und schließlich die in ihrer brunzdummen Behämmertheit schwer zu überbietenden Ausführungen des verehrten Herrn Truxhorn auf (die Charakterisierung bezieht sich ausschließlich auf den Inhalt seiner Erzählung):
Vorgestern hatte er Besuch von zwei freundlichen Mitarbeitern des Ordnungsamtes, die ihn auf gravierende Verstöße gegen EU-Recht aufmerksam machten und um sofortige Abstellung der seit 1974 bestehenden Missstände baten: erst Erdnüsse ohne weiteres auf den Tisch, dann mit nicht desinfizierten und behandschuhte Händen in den Mund und schließlich die Reste auf den Boden geht nicht. Die Rede war von irgendwelchem fingerfood- und Hygienequack. Weil es mir nicht gelang, Hinweise auf solche Vorschriften zu finden, bitte ich um Ihre Stellungnahme:
1.) Falls das ganze nicht von Ihren Mitarbeitern angerichtet wurde: wie wollen Sie gegen die beiden Halunken vorgehen? Amtsanmaßung nennt man so etwas wohl.
Falls Sie wider Erwarten gezwungen sein sollten, solche Brüsseler Spezialitäten umzusetzen:
2.) Kann man nichts dagegen machen?
3.) Bitte geben Sie Hinweise auf Veröffentlichung der Texte, damit kann man sicher lustige Abende verbringen.
Ich bedauere sehr, dass Sie sich mit solchem Unsinn abgeben müssen und bitte um Ihr Verständnis, dass ich gerne näheres wüsste.
Mit freundlichen Grüßen
Schloß-Apotheke
Dr. Thomas R.
Die Antwort kam schon am nächsten Tag:
Sehr geehrter Herr Dr. R,
vielen dank für die Übersendung Ihrer Mail.
Ich habe Ihr Schreiben zum Anlass genommen, mich über den Sachverhalt
zu informieren. Der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) überwacht die
Einhaltung der Düsseldorfer Straßenordnung, die - ähnlich wie eine
Hausordnung - das störungsfreie gesellschaftliche Miteinander in
öffentlichen Bereichen des Düsseldorfer Stadtgebietes regelt. Eine
Überprüfung der Gaststätte Julio's auf der Mühlenstraße hat jedoch
nach Rückfrage im betreffenden Sachgebiet nicht stattgefunden.
Eine strafrechtliche Verfolgung von heir ist nicht möglich. Es steht
dem Inhaber der Gaststätte jedoch frei, bei der Polizei Anzeige zu
erstatten.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Sch.
Landeshauptstadt Düsseldorf
Ordnungsamt
Ordnungs- und Servicedienst (32/51-2)
Worringer Straße 138
40210 Düsseldorf
Danke, Frau Sch., bei Selbstanzeige erhält man Straffreiheit, oder?
...und hier einige Bilder dieses denkwürdigen Mausclubmädelsstammtisch. Übrigens immer am ersten Mittwoch im Monat am Fenstertisch:
Vorschriftsmäßig werden die Nüsse mit dem Aufnahmelöffel aus der Sammelschale entnommen. Die Nussschalen anweisungsgemäß in den Erdnussschalen-Entsorgungsbehälter gegeben.
Der Fußboden unter dem Stammtisch ist auch nach Stunden noch absolut sauber.
Warum richtet Birgit hier schon nach einer Stunde ihren Mittelfinger in die Kamera?
Wirt Peter beim Zerstampfen der eingesammelten Erdnussschalen mittels Spezialerdnussschalenstössel im stoßbewährten ein liter-Glasmörserbehälter mit linkem Haltegriff. Dadutch wird das Volumen der Schalenmenge um 95 % verringert und derExtrakt kann platzsparend in der Originalverpackung an den Hersteller zurückgegeben werden. Hierzu ist ein Sondersammeltransporter aktiviert worden, der EU-weit einmal monatlich alle Behältnisse einsammelt und zur Erdnussölraffinerie verbringt. Dort gewinnt man das weltbekannte und bei Gourmets sehr beliebte, kaltgepresste Erdnussschalenöl, das der in vielen Ländern sehr beliebte Erdnussbutter als Grundstoff dient.
Die Erlösung
Punkt 24 Uhr löste ich den ganzen Spuk auf und verteilte die zuvor eingesammelten und kleingemörserten Erdnussschalen auf den bis dahin supersauberen Boden.
Das Gelächter war groß und alle waren wieder zufrieden, dass in ihrer Stammkneipe vorerst keine gravierenden Veränderungen zu verzeichnen sind.
Nur Stammgast Thomas war schon auf dem Heimweg und konnte somit die Auflösung nicht miterleben. Stattdessen setzte er sich an seinen PC und tioppte den obigen Brief an das Ordnungsamt (siehe oben)
Zur Beruhigung aller hier der Normzustand gegen Feierabend im JULIO.
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Ein Foto aus uralter Zeit.
Man kam sich ganz schön nah, früher,
heute passen nicht mehr so viele rein...